Festtag im jüngsten steirischen Markt
Die Feier der Markterhebung von Kirchbach a. d. Schwarzau

Kirchbach, der lieblich zwischen Wiesen, Feldern, Auen und herrlichen Wäldern an der Schwarzau gelegene Ort war am Sonntag der Schauplatz eines einzig schönen Festes, der feierlichen Markterhebung. Ein wahrer Festtag für die Ortschaft, die 700 Jahre Dorf war, wie wohl sie schon seit mehr als 80 Jahren ein Bezirksgericht und andere zusammenhängende Ämter in seinen Mauern birgt. Daher nahm nicht nur die Bewohnerschaft des Ortes, sondern auch jene der Pfarre an dem Fest lebhaften Anteil. In großen Scharen waren die Leute herbeigeeilt, um Zeugen dieser Feierlichkeit zu sein. Doch wollen wir der Reihe nach die Ereignisse schildern.

 

Am Samstag abends fand in Laßl’s großen Saal eine Festsitzung des Gemeinderates statt, in der dem Bundesminister und Landeshauptmann Dr. Rintelen und dem Bürgermeister Franz Zaunschirm das Ehrenbürgerrecht verliehen wurde. Um halb 8 Uhr abends fand auf dem Ortsfriedhof eine Totenehrung statt. Sie galt allen Kirchbachern und insbesondere jenen Bürgern und Ortsangehörigen, die seinerzeit sich um das Gedeihen der Gemeinde und des Ortes große Verdienste erworben hatten. An der Feier beteiligten sich die Kirchbacher Feuerwehr, der Kameradschaftsverein, der Gemeinderat, der Festausschuss, die Geistlichkeit im Ornat* und zahlreiche andere Teilnehmer. Dort wurde ein Libera gesungen und die Gräber der verstorbenen Kirchbacher gesegnet. Prof. Feyertag hielt eine tiefempfundene Gedächtnisrede, der Bürgermeister legte einen Kranz nieder. Nach einem Gebet kehrte der Zug auf den Hauptplatz des Ortes zurück, wo am Kriegerdenkmal wieder ein Libera gesungen wurde. Hauptmann Fruhwirth hielt die Gedächtnisrede, Vizebürgermeister Wurzinger legte am Denkmal einen Kraznieder. Hierauf formierte sich ein Fackelzug mit Musik, der dem Bürgermeister Franz Zaunschirm und Kommerzialrat Feyertag galt.

Ein Weckruf der Kirchbacher Musikkapelle leitete den eigentlichen Festtag ein. Um halb 9 Uhr früh fand vor dem Bezirksgebäude der Empfang des Bundesministers und Landeshauptmann Dr. Rintelen und des Stadtpfarrpropstes zum Heiligen Blut in Graz, des Prälaten Dr. Schellauf, eines gebürtigen Kirchbachers, und der übrigen Festgäste statt. Dann folgt der Marsch des Festzuges zur Kirche. An der Spitze schritten die Feuerwehren von Kirchbach und der Umgebung , dann folgte der Kameradschaftsverein Kirchbach unter dem Kommando des Besitzers Sommer, hierauf die Ehrengäste und die Festgäste, an der Seite liebreizende Mädchen in der kleidsamen Altsteirertracht schritten. In der Kirche hielt Kaplan Dr. Schellauf, eine Neffe des Prälaten, die Festpredigt, der an das Pfarrfest des hl. Johannes des Täufers anknüpfte und die Bevölkerung ermahnte, wie in früheren Jahrhunderten in den Zeiten der schweren Schicksalsschläge wieder zum Pfarrpatron zuflucht zu nehmen und mit Gottessegen in die neue Zeit des Marktes einzutreten. Hierauf zelebrierte Prälat Dr. Schellauf unter großer Assistenz eine Pontifikalmesse* . Während derselben sang der Kirchenchor die Deutsche Messe von Schubert.

Nun folgte die Festversammlung auf dem Hauptplatz. Auf dem Vorbau von Laßl’s Saal nahmen die Ehren- und Festgäste Platz, vor der Tribüne standen die Steirermädchen, weiter rückwärts hatten die Feuerwehren, der Kameradschaftsverein und die Kirchbacher Musik Aufstellung. Den übrigen Teil des Raumes füllten die zahlreichen erschienenen Bewohner des Ortes und der Pfarre und der Nachbarschaft. Ein Mädel und ein Bub trugen Gedichte vor, die von Lehrerin Frau Grüttner verfasst, die Heimatliebe verherrlichten. Oberlehrer Maier hielt die Festrede, in der die wechselvolle Geschichte des Ortes, der zum erstenmal im Jahre 1240 in einer Urkunde erwähnt wird, schilderte und mit dem Wunsche schloss, dass die Devise des Marktes stets „Vorwärts und aufwärts“ sein möge. Dann hielt Minister und Landeshauptmann Dr. Rintelen eine Ansprache, in der er die Bedeutung des Ortes und den Fleiß der Bewohner du der Bauernschaft würdigte und hervorhob, dass der Ort schon lange das Recht auf die Markterhebung erworben habe. Hierauf überreichte er dem Bürgermeister die vom Regierungsrat Prof. Bergmeister künstlerisch ausgeführte Markterhebungsurkunde.

Sodann wurde nach einer Ansprache des Landeshauptmannes dem Bürgermeister für dessen verdienstvolles Wirken um die Entwicklung der Gemeinde und des Ortes die ihm vom Bundespräsidenten verliehene Auszeichnung, das goldene Ehrenzeichen, überreicht, wofür der Ausgezeichnete in bewegten Worten dankte. Hierauf übergab der Bürgermeister dem Minister Dr. Rentelen die Ehrenbürgerurkunde, womit der Landehauptmann als erster Ehrenbürger in den Annalen des Marktes stehen wird.

Vizebürgermeister Karner überreichte nun dem Bürgermeister die Urkunde, womit ihm ebenfalls das Ehrenbürgerrecht verliehen wird. Ebenso teilte der Minister nach einigen Worten der Anerkennung an Kaufmann Feyertag diesem mit, dass ihm für sein hervorragendes Wirken an der Bezirkssparkasse Kirchbach vom Bundespräsidenten der Titel eines Kommerzialrates verliehen worden ist. Der Ausgezeichnete dankte in herzlichen Worten für die Auszeichnung. Nachdem noch der Bezirkshauptmann Oberregierungsrat Dr. Payer, der auf das gute Einvernehmen verwies, das stets zwischen der Bezirkshauptmannschaft und der Gemeinde Kirchbach herrschte, von dem zu wünsche und hoffe, dass es auch weiterhin dabei bleiben möge, und noch Prälat Dr. Schellauf die besten Glückwünsche des Fürstbischofs Dr. Pawlikowski und seine eigenen übermittelt hatten, schloss der Obmann des Festausschusses Oberlandesgerichtsrat Dr. Stoschier mit des besten Wünschen für ein Blühen und Gedeihen der Marktgemeinde Kirchbach die Festversammlung. Eine stramme Defilierung der ausgerückten Feuerwehren und des Kameradschaftsvereins vor den Festgästen schloss diesen denkwürdigen ersten Festtag des Marktes Kirchbach.

Ein Festmahl vereinigte die Ehren- und Festgäste sowie zahlreiche Festteilnehmer in Grabner's bekannt gut geführtem Gasthof.

Kleine Zeitung, Nr.177 – 28.Juni 1932; Seite 9
(Orginalabschrift)

*Ornat: feierliche Amtstracht, die bei festlichen Anlässen mit Repräsentations- oder Weihecharakter getragen wird;

*Pontifikalmesse: (lat. pontifex = Hoherpriester) Messfeiern, die ein Bischof oder Abt zelebriert. Sie unterscheiden sich im Ablauf kaum von anderen Messfeiern, jedoch wird ein Mitra- und Stabträger gebraucht;


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