Sagen mit Bezug zu Kirchbach
Die Türken in Kirchbach


Die Türken, die früher wiederholt unsere schöne steirische Heimat auf ihren Raubzügen verwüsteten und brandschatzten, zahlreiche Menschen ermordeten und viele in die Sklaverei verschleppten, kamen auch in die Gegend von Kirchbach. Damals stand in Hochjahring bei Kirchbach ein festes Schloß.

Als die Bewohner durch Kreidfeuer und Flüchtlinge vom Herannahen der Türkenhorden Kunde erhielten, eilten sie in die dichten und fast unwegsamen Wälder der Umgebung, um sich hier zu verstecken. Nur ein Jäger blieb im Schlosse zurück und kannte keine Furcht. Um die Feinde zu täuschen, stellte er schnell an jedes Fenster eine eiserne Rüstung mit einem Gewehr in der Hand. Glücklicherweise waren genug Rüstungen und Gewehre in der Waffenkammer vorhanden. Als die Türken herankamen und die zahlreichen „Verteidiger" an den Fenstern erblickten, blieben sie zunächst unschlüssig stehen. In diesem Augenblick schoss der Jäger aus dem nächstgelegenen Fenster hinaus und, traf zufällig den Pascha, den Anführer der Türken, der sogleich maustot vom Pferde fiel. Daraufhin erhoben die Feinde ein grässliches Geschrei, drohten gar grimmig mit ihren Waffen, wagten aber noch immer keinen Angriff. Gleich darauf schoss der unerschrockene Jäger aus einem anderen Fenster hinaus und noch ein drittesmal, wieder aus einem andern Fenster.

Da ergriff die Türken panischer Schrecken und heulend entflohen sie auf ihren windschnellen Pferden. Der schlaue Jäger hatte mit seiner List das Schloß vor Plünderung bewahrt. Nie mehr kamen die Türken nach Kirchbach.
Steirische Heimathefte – Was die Heimat erzählt, Franz Brauner / 1953

Die wilde Jagd

Ein Bergler aus Alt-Fladnitz ging einmal spät nachts durch das Raabtal beim sogenannten Stadelteich vorbei gegen Kirchbach. Da hörte er die wilde Jagd herannahen, und um sich vor ihr zu beschützen, legte er sich in eine rechte Wagenspur.

Plötzlich sagte eine Stimme: "Da ist ein Stock, hier haue ich meine Hacke hinein!" und in demselben Augenblicke verspürte der Bauer im Rücken einen Schmerz. Da dieser fortwährend anhielt, legte sich der Mann auf den Rat des Pfarrers nach Jahresfrist auf dieselbe Stelle des Weges. Alsbald kam die wilde Jagd wieder dahergebraust, und die gleiche Stimme sagte: "Hier habe ich voriges Jahr meine Hacke in einen Stock gehaut; sie ist noch da!" Sogleich verschwand der heftige Schmerz im Rücken wieder, und der Bauer stand auf, um sich vor allem beim Priester für den guten Rat zu bedanken.

Sagen aus der grünen Mark, Hans von der Sann, Graz 1911

Die Hexe und die Wilde Jagd

Vor vielen Jahren stand auf dem Kirchenbühel von Kirchbach ein einsames Haus, in dem der Besitzer mit seiner Frau und dem einzigen Sohn lebte. Die Frau war leider sehr neu gierig und von einer uralten Nachbarin, einer wahren Hexe, in die Geheimnisse des Hexenlebens eingeweiht worden. Sie hatte von der Alten auch eine stark riechende graue Salbe erhalten. Wenn sie damit ihre Achselhöhlen bestrich, konnte sie sich sogleich in die Lüfte erheben und an Hexentänzen und Teufelsgelagen teilnehmen.

Eines Abends hörte die Frau, wie sich die Wilde Jagd mit schreckhaft fürchterlichem Getöse dem Hause näherte. Rasch nahm sie aus dem Wandschrank die hölzerne Büchse mit der grauen Salbe, bestrich ihre Achselhöhlen, und schon flog sie pfeilschnell zum Schornstein hinaus und mit der Wilden Jagd über Berg und Tal dahin, um schließlich auf dem Stradner Kogel zu landen.

Der Sohn, der alles mit angesehen hatte, rieb sich ebenfalls mit der Salbe ein, flog durch den Rauchfang hinaus und der Mutter nach. Als er auf dem Stradner Kogel ankam, sah er sie inmitten zahlreicher Hexen und Hexenmeister an einer langen Tafel sitzen, die über und über mit köstlichen Speisen und Getränken bedeckt war. Die Mutter begrüßte ihren Sohn gar freundlich und forderte ihn auf, am Festmahl teilzunehmen. Der Sohn ließ sich das nicht zweimal sagen, machte aber, bevor er zugriff, aus alter Gewohnheit das Kreuzzeichen vor dem Essen.

In diesem Augenblick krachte es fürchterlich, die gedeckte Tafel verschwand plötzlich und grässlich heulend erhoben sich alle Teilnehmer in die Lüfte und flogen in ihre Behausungen zurück. - In der Stube erzählte dann der Sohn dem Vater, was er auf dem Stradner Kogel gesehen hatte. Voll Wut über das schamlose Treiben seiner Frau griff der Mann nach einer Hacke und schlug das Weib nieder.

Steirische Heimathefte – Was die Heimat erzählt, Franz Brauner / 1953

Der Schatz im Greinerkogel

In der Nähe des Dorfes Tagensdorf im Schwarzatale bei Waldegg heißt ein Berg der Greinerkogel. Auf diesem soll einst ein Schloß gestanden sein, das aber später in die Tiefe versunken ist; ruinenartige Mauern und Löcher werden als die Überreste desselben bezeichnet. Diesen auf drei Seiten freistehenden Kogel bestieg nun in einer hellen Johannisnacht der vulgo Greinerbauer, um einen befreundeten Nachbarn, welcher hinter dem Berge wohnte, zu besuchen und ihn zu bewegen, ihm mit einer Geldsumme auszuhelfen. Der Greinerbauer war eben unverschuldet in Not und Elend gekommen und er wusste sich keinen anderen Ausweg, als seinen Nachbarn um freundschaftliche Hilfe anzusprechen. Leider war sein Gang umsonst, ihm wurde seine flehende Bitte rundweg abgeschlagen, und voll Traurigkeit über seine bittere Lage machte er sich auf den Rückweg.

Wie er nun so zu dem Mauerwerk gelangte, dessen Gestein, von glühenden Johanniswürmchen umschwirrt, ganz seltsam im zitternden Silberschimmer des Mondlichtes vom dunklen Moosgrunde sich abhob, tauchte plötzlich aus einem Loche ein kleines, schwarzes Männlein empor. Es zeigte mit seinen Händchen auf einen Schlüssel, welcher am Zweige des nahen Gebüsches hing, und bedeutete dann dem Bauern, ihm zu folgen. Dieser verstand die Gebärde des seltsamen Männchens, nahm den Schlüssel und schritt nun hinter seinem rätselhaften Führer daher.

Sie kamen, nachdem sie einige Zeit abwärts gestiegen, in einen Gang, dessen Zutritt durch eine schwere, eiserne Tür abgesperrt war. Auf den Wink des Männleins steckte der Bauer den Schlüssel in das Schloß und die Tür sprang sofort auf. Nun traten sie in ein Kellergewölbe, an dessen Wänden ringsherum vollgefüllte Geldkisten standen. Das schwarze Männchen setzte sich auf eine dieser Kisten, in welcher Silberstücke sich befanden, und sagte zum Bauern: "Laß dich durch das in den anderen Kisten befindliche Gold nicht blenden! Ich gestatte dir, aus dieser und nur aus dieser einen Kiste alljährlich in der Sonnenwendnacht so viel Geld zu nehmen, als du zu tragen imstande bist. Doch musst du darüber strengstes Stillschweigen beobachten!"

Der Bauer versprach dies, füllte seine Taschen sämtlich mit blinkenden Silbertalern und verließ dann mit dem Männchen das Gewölbe. Wieder in das Freie getreten, war mit einem Male der kleine Schwarze verschwunden, und nur die schweren Geldstücke in den Taschen überzeugten den überglücklichen Landmann, dass es keine Täuschung, sondern Wirklichkeit gewesen, was er erlebt hatte.

Alljährlich bestieg nun der Bauer in der Johannisnacht den Greinerkogel, fand hier am Gebüsche den bekannten Schlüssel, mit dessen Hilfe er die schwere Tür öffnete, und nahm aus der einen ihm vom schwarzen Männchen bezeichneten Kiste so viel Geld heraus, als er brauchte. Damit bezahlte er dann seine Schulden, baute sich ein neues Wohnhaus, ausgedehnte Stallungen und Wirtschaftsgebäude und kaufte auch die umliegenden Gründe, sodass er bald der reichste Bauer in der Gegend wurde.

Das Glück war auf diese Weise unserem Greinerbauern hold, aber eben dies erregte die Missgunst und den Neid der Nachbarn. Sie schöpften Verdacht, dass er auf nicht ganz natürliche Weise zu seinem Reichtume gekommen, und beschlossen, ihm sein Geheimnis zu entlocken. Es gelang ihnen auch nur zu gut, denn der redselige, in seinem Glücke mitteilsame Landmann erzählte einmal, als er bei besonders froher Laune war, den Leuten von dem Schatze im Greinerkogel.

Als er aber in der nächsten Sonnenwendnacht wieder den Greinerkogel hinanstieg, fand er wohl den Schlüssel an der bekannten Stelle, in der Kiste hingegen statt der Silbertaler nur Kieselsteine. Enttäuscht verließ er das Gewölbe und ging von dannen; hinter ihm aber ertönte ein höhnisches Lachen und Kichern, welches aus dem zerfallenen Gemäuer kam. Und seitdem hat niemand mehr den Schlüssel gesehen oder gefunden, welcher zur Tür des Schatzgewölbes gehörte; auch der Schatz selbst wurde seither von keinem Menschen mehr benützt.

Eben dieser Greinerbauer hatte damals, als ihm das kleine, schwarze Männchen erschienen und ihm aus der Not geholfen, ein Büblein angenommen, welches er, da es ihm zu irgendeiner anderen Arbeit untauglich schien, zum Halten der Schafe und Rinder verwendete. Dieses Knäblein wurde nie größer und hielt sich mit seiner ihm anvertrauten Herde am liebsten in der Nähe des alten Gemäuers auf dem Greinerkogel auf. In derselben Johannisnacht aber, in welcher der Bauer das letztemal im Schatzgewölbe gewesen, kamen die Schafe und Kühe ohne das Halterbüblein nach Hause; dieses wurde seither nicht mehr gesehen. Das Glück blieb jedoch auch ferner dem Greinerbauern treu.

Sagen aus der grünen Mark, Hans von der Sann, Graz 1911

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